Sonntag, 22. Januar 2012

Klima ahoi

Klima ahoi? Umgekipptes Kreuzfahrtschiff vor Giglio.
Das im Meer auf der Seite liegende Schiff wird sich einprägen in das Bewusstsein der Menschen. Eine Traumreise wurde zum Albtraum. Vergnügungshungrigen wurde ein küstennahes Riff zum Verhängnis. Das Mitleid gilt den Angehörigen der beim Unglück Gestorbenen. Der gekenterte Kreuzer kann den Blick öffnen für weitere kritische Perspektiven.
Die 1000 Bediensteten am Luxusliner werden um ihr ohnehin kärgliches Einkommen bangen müssen. Monatslöhne um die 500 Euro, 16-Stunden-Tag 7x die Woche, enge Kabinen. Realität für Arbeitende auf Kreuzfahrtschiffen. Ausbeutung von Arbeitskräften. Umgekippt nun.
Zweieinhalb Tonnen von billigem Schweröl und Diesel lagern im Schiffsbauch. Noch nicht verbrannt. Tonnen von Öl werden im Normalbetrieb von gigantischen Dieselmotoren verbrannt. Dickflüssiges Öl, Abfallprodukt der Ölindustrie, schlechte Filter, Emissionen zuhauf. Für die Kreuzer in internationalem Gewässer gelten keine strengen Emissionsgrenzwerte: Schwefeldioxide, Stickoxide und Feinstaubpartikel werden unkontrolliert hinaus geblasen. Ein großes Kreuzfahrtschiff produziert so viel Feinstaub wie 50.000 Autos bei Tempo 130! Pro Passagier und Kilometer wird dreimal so viel Kohlendioxid produziert wie bei einem Flug mit einer Boeing 747.
All der Luxus muss mitgeschleppt werden auf diesem Riesenstahl-Ungetüm. Reisende brauchen Restaurants, Swimmingpools, Cafés, Fitness-Studios, Geschäfte, Boutiquen, Casinos, ... für Spaß und Unterhaltung. Es soll an nichts fehlen. Für Ablenkungen ist gesorgt. Doch: Die weißgestrichenen Riesenschiffe sind ökologische Monster. Ein Kreuzfahrt-Gigant verbraucht so viel Strom wie eine Kleinstadt, Strom nicht von der Steckdose, sondern aus den Dieselaggregaten. 400 Liter Wasser benötigt pro Tag ein Passagier auf einem dieser Schiffe. 3 Kilo Müll produziert er zugleich täglich.
Nun steigen keine rußigen Rauchfahnen aus den Schloten des Kreuzfahrtschiffes. Es hat sich hingelegt, so als würde es genug haben von den spaßsüchtigen Seefahrern, von den minderbezahlten Bediensteten, von den in den Himmel steigenden Rauch-Rußfahnen, vom Müll und der Kloake, die ins Meer gekippt werden. Menschliche Hybris und ökologische Unvernunft haben sich ins Meer gelegt.

Klaus Heidegger, 22. Jänner 2012

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