(ERSTE VORLÄUFIGE FASSUNG)
Warum Pax Christi Österreich für ein
armeefreies Österreich eintreten sollte, oder: eine pazifistische Bewegung im
Bauch der Kirchen
Diskussionspapier zum Studientag
der Kommission Sicherheit und Abrüstung von Pax Christi Österreich
am Samstag, 18. Februar 2012
von Klaus Heidegger
Prolegomena
Pax Christi Österreich ist selbst eine kleine Bewegung innerhalb der
Kirchen in Österreich. In den meisten Anliegen herrscht unter den Mitgliedern
ein breiter Konsens. So kann auf gleicher Wellenlänge für Frieden,
Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung gearbeitet werden.
Seit nun schon zwanzig
Jahren gibt es allerdings in der Frage, ob Pax Christi im Zusammenhang mit der
Forderung nach Abschaffung der Wehrpflicht auch die Idee eines armeefreien
Österreichs vertreten soll, zumindest zwei Positionen, die nebeneinander
stehen. Die hier vorgelegten Gedanken sollen ein Beitrag sein, um darüber
miteinander ins Gespräch zu kommen.
„Pazifistisch“
meint die radikale – „von der Wurzel her“ im Sinne der Wortbedeutung –
Ablehnung der militärischen Gewaltanwendung sowohl im Sinne der Vorbereitung
eines Krieges, der Abwehr von Kriegen oder der Intervention in kriegerische
Konfliktsituationen. Es geht also
a)
um eine
politisch-motivierte Grundposition, nicht im Sinne einer individuell
motivierten Grundhaltung, die daher
b)
eine
politisch-organisierte Kraft und Bewegung braucht.
Pazifismus darf keinesfalls auf eine individuelle Gesinnungssphäre
reduziert werden, auch wenn sie von einem Pazifisten oder einer Pazifistin Zivilcourage
und Entschlossenheit zum Handeln erfordert. Pazifismus ist nicht etwas, was den
Mitgliedern einer Bewegung wie Pax Christi als Entscheidung offen steht, ohne
die Grundlage für die Bewegung als solche zu sein.
Pazifistisch innerhalb der Kirchen
In diesem Sinne könnte Pax Christi innerhalb der Kirchen jene Bewegung
sein, in der sich kirchlich-orientierte Menschen mit einer pazifistischen
Position beheimatet fühlen können, dies umso mehr, als beispielsweise in der
katholischen Kirche ein deutlicher Pazifismus bislang ausgegrenzt wurde,
während das militärische System seine kirchenamtliche Legitimation –
beispielsweise in der Einrichtung des Militärordinariates – gefunden hat.
Kein pazifistischer Konsens
Eine Welt ohne Militär und Waffen zu fordern, ist leicht. Darüber herrscht
schnell ein Konsens. Fordert jemand jedoch ein Österreich ohne Heer, wird dies
– auch innerkirchlich und selbst in einer kirchlichen Friedensbewegung –
manchmal als unerhört, manchmal als utopisch oder auch als verantwortungslos
gewertet.
Die grünalternativen
Parteien haben den Schwenk gemacht. Zuerst fundamental und engagiert für
Gewalt- und Militärfreiheit, dann aber Militäreinsätze legitimierend.
Militärbefürworter und die Bewahrer der militärischen Systeme waren froh, mit
der Formel von der Schutzverpflichtung seit einer UN-Konferenz im Jahre 2005
(R2P) eine neue Legitimation für die militärischen Apparate und deren Anwendung
erhalten zu haben.
Pazifistisch ist aktiv für Frieden
und Gerechtigkeit
Gerne wird dem Pazifismus unterstellt, er würde letztlich Verbrechen im
großen Stil ermöglichen. So wurde immer wieder behauptet, der Pazifismus der
30er Jahre habe Auschwitz erst möglich gemacht. Eine pazifistische Position
erscheint dann als politikunfähig oder gar verantwortungslos.
Pazifismus ist das
Gegenteil von Tatenlosigkeit oder Wehrlosigkeit. Es bedeutet, mit allen nur
erdenkbaren gewaltfreien Mitteln für die Überwindung von Gewalt und
Gewaltverhältnissen einzutreten. Politische, humanitäre und rechtliche
Instrumentarien sollen genützt werden, um Krieg einzudämmen oder zu überwinden.
Wenn also die Pax Christi-Bewegung
pazifistisch denkt und formuliert, dann hat sie den Staat oder die Staatenwelt
im Blick bzw. eine Friedenspolitik, die sich an Entmilitarisierung genauso wie
an Schutzverantwortung orientiert. Pazifisten sehen die Fülle an Möglichkeiten
für eine nichtmilitärische, zivile Krisenprävention und Konfliktbearbeitung.
Pazifistisch ist vernünftig, kein
religiös abgeleiteter Pazifismus
Einer Bewegung, die sich auf den Frieden Jesu Christi beruft und innerhalb
der Kirchen beheimatet ist, kann schnell unterstellt werden, sie leite ihre
friedenspolitischen Optionen bzw. pazifistische Anliegen deduktiv von oben her
aus ihren religiösen Vorgaben ab, beispielsweise dem Vorbild Jesu Christi oder den
Vorgaben aus den Evangelien. Primär geht es jedoch darum, dass Pax Christi aus
der politischen Analyse und der Auseinandersetzung mit den realen Situationen pazifistische
Positionen gewinnt. Die Orientierung an Jesus Christus gibt Kraft, diese Positionen
auch durchzuhalten.
Damit kann eine
pazifistische Haltung nicht einfach als idealistisch oder fundamentalistisch
diffamiert werden. Im Gegenteil: Politischer Pazifismus ist in höchstem Maße
realistisch, ohne aber damit die Ideale aufzugeben, sondern sie in der Realität
anzuwenden.
Die Gegenposition – Rechtfertigung
militärischer Gewaltanwendungen
Innerhalb von Pax Christi halten sich auch jene Positionen, die Militär und
militärische Maßnahmen als das kleinere Übel zur Gewalteindämmung, Beendigung
oder Verhütung illegitimer Gewalt oder Gewaltverhütung betrachten. Wenn
rechtsstaatlich legitimiert und begrenzt, könne eine solche Gewaltanwendung
notwendig und geboten sein. Mit Blick auf das Versagen der internationalen
Gemeinschaft in Rwanda in den 90er Jahren und vor allem angesichts der
Balkankriege fand eine Relegitimierung des Militärischen statt, die auch unter
Pax Christi-Mitgliedern unausgesprochen ihre Sympathien findet. Der moderne
Interventionismus im vergangenen Jahrzehnt – Irak, Bosnien, Kosovo,
Afghanistan, Libyen, Elfenbeinküste – wird ganz im Stile der Lehre vom
„gerechten Krieg“ als ethisch gerechtfertigt dargestellt.
In manchen Diskussionen
wird selbst der Begriff „Pazifismus“ ad absurdum geführt, wenn beispielsweise
behauptet wird, Soldaten seien die eigentlichen Pazifisten, da nur sie wirklich
effizient für eine Beendigung von Gewaltsituationen eintreten könnten. Solcher
„postmoderner Pazifismus“, in dem alles möglich wird, steht ein prinzipieller
Pazifismus mit seiner kompromisslosen Verweigerung von militärischen Mitteln
gegenüber.
Wenn eine Formulierung
lautet, Pax Christi gebe in Konflikten den „gewaltfreien Wegen den Vorrang“,
dann versteckt sich dahinter letztlich die ultima ratio-Option der alten bellum
justum-Lehre, dass in bestimmten Konfliktsituationen militärische Maßnahmen
bereit stehen müssen.
Begründungen und Strategien zur
Armeeabschaffung in Österreich
Die Abschaffung der Wehrpflicht ist ein wichtiger Schritt für eine nicht-militärische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik.
Die Befreiung vom Kriegsdienstzwang beendet eine Politik, in der versucht wurde, alle jungen Männer auf gewalttätige Konfliktlösungsmuster festzulegen.[1] Die Wehrpflichtabschaffung kann dazu beitragen, dass in allen Bereichen – privat wie öffentlich – nicht mehr auf die Karte der Gewalt gesetzt wird und gewaltfreie Konfliktstrategien eingeübt werden.
Wenn es keine Wehrpflicht mehr gibt, können jene nichtmilitärischen Konzepte und Ideen mehr Platz bekommen, die durch eine Fixierung auf gewaltsame Modelle in den Hintergrund gerückt wurden. Pazifistische Logik wird immer im Widerspruch zur militärischen Logik sein und ist mit militärischen Instrumenten nicht kompatibel.[2]
„Schwerter zu Pflugscharen“: Das biblisch-prophetische Diktum gilt auch für die österreichische Sicherheits- und Verteidigungspolitik und daher für das Bundesheer und ist mit Blick auf die tatsächlichen Bedrohungsszenarien die realpolitisch klügere Variante. Weder die herkömmlichen noch die neuen Bedrohungsbilder legitimieren die Aufrechterhaltung militärischer Systeme und legen eine Auflösung des Militärs nahe.[3] Das Aufgabengebiet Katastrophenschutz zählt nicht zum Kernbereich des Militärischen. Es kann von zivilen Einrichtungen – beispielsweise Feuerwehr – besser und kostengünstiger organisiert werden.[4] Motto: Zum Sandsäcketragen braucht es keine Ausbildung mit der Waffe, für den Hochwasserschutz sind Panzer ungeeignet usw. Bei der Konversion des Heeres kann militärisches Personal und militärische Infrastruktur[5] teilweise genützt werden für Aufgaben im Bereich des Katastrophenschutzes. Die sicherheits- und friedenspolitische Kompetenz militärischer Instanzen kann weiterhin verwendet werden für die innere und äußere Sicherheit Österreichs. Schon jetzt setzen die österreichischen Militärs großteils auf nicht-gewalttätige Konfliktlösungsmuster auf nationaler und internationaler (UNO, OSZE, EU …) Ebene.
Das Bedrohungsbild Terrorismus erfordert zunächst eine präventive Außenpolitik, die dem Terror keinen Nährboden mehr liefert, und bedeutet in der Abwehr vor allem Anstrengungen im Bereich der inneren Sicherheit. Was von Offiziersseite als neues Aufgabenfeld gesehen wird und als „Heimatschutz“ bezeichnet wird – beispielsweise Schutz vor terroristischen Anschlägen – muss als Aufgabenfeld der Polizei definiert werden.[6]
Cyberwar-Attacken[7] können nicht mit militärischen Systemen abgewehrt werden, sondern verlangen die Expertise von zivilen Fachleuten im IT-Bereich und vor allem eine Umkehr von der massiven Tendenz, sich mehr und mehr von den modernen Technologien abhängig zu machen.
Das Bedrohungsbild Angriff auf sensible wirtschaftliche Einrichtungen, wie Energieversorgungszentren, sollte dazu führen, eine dezentrale und möglichst autarke Wirtschaftsweise zu fördern, die auch den Cyberwar-Attacken und terroristischen Angriffen weniger Angriffsflächen bietet.
Bleibt noch die Frage, wie künftige Staatsbesuche ablaufen werden. Eine militärische Ehrenformation wird nicht mehr abgeschritten werden, was jedoch zugleich eine wichtige politische Signalwirkung haben könnte. Vielleicht werden Abordnungen von Kindern mit Friedenssymbolen die Staatsgäste empfangen.[8]
Die Abschaffung von Zwangsdiensten schafft zum einen Räume für eine Vielzahl an Freiwilligendiensten,[9] zum anderen kann dadurch verhindert werden, dass junge Menschen Ersatzfunktionen für mangelndes Personal im Sozialbereich erfüllen und dadurch eine unsoziale Politik stabilisieren. Fakt ist, dass bereits heute die Gesellschaft ohne die freiwilligen Dienste nicht mehr auskommen könnte und rund die Hälfte der österreichischen Bevölkerung ein unbezahltes freiwilliges „Ehrenamt“ ausübt.
Die Alternative zur Abschaffung der Wehrpflicht ist weder eine Berufsarmee[10] mit Freiwilligenkomponenten[11] noch die Einführung einer Allgemeinen Dienstpflicht, sondern die Vision des schrittweisen Umbaus der Wehrpflichtarmee auf nichtmilitärische Aufgabenfelder und die Etablierung eines ausreichend finanzierten Freiwilligensystems.[12] Weder die Bedrohungssituation noch eine behauptete Pazifizierung des Militärs durch Milizkomponenten[13] rechtfertigen eine teure Aufrechterhaltung militärischer Apparate.[14] Kleine Länder wie Österreich haben größere Chancen für die konkrete Vision eines armeefreien und dennoch und gerade deswegen ausreichend gesicherten Landes.[15] Ein armeefreies Land ist kein wehrloses Land, sondern baut seine Sicherheit präventiv auf Konfliktvermeidung und seine Verteidigung auf dem Instrumentarium der gewaltfreien Konflikttransformation, Gewaltintervention und Gewaltabwehr auf.[16] Die Bereitschaft dazu steigt, je weniger auf die vermeintliche und täuschende Sicherheit der militärischen Systeme mit ihrem demokratiefeindlichen Potenzial und ressourcenintensiven Apparat gesetzt wird.
Zusammenfassend – Argumente zur Armeeabschaffung:
(1) Bedrohungsbilder rechtfertigen keine militärischen Potenziale.
(2) Militärische Potenziale ziehen Bedrohungen auf sich.
(3) Militärische Apparate sind kosten- und ressourcenintensiv.
(4) Militärische Apparate unterstützen Waffenhandel.
(5) Befreiung von militärischen Denkweisen macht Blick frei
für nicht-militärische Optionen.
(6) Wirkliche Bedrohungen verlangen nach politischen und
sozialen Lösungen.
(7) Militärische Apparate können keine Sicherheit garantieren.
(8) Österreich würde damit seine militärischen Verstrickungen
(EU-Battlegroups, NATO-PfP, …) beenden und könnte sich
besser auf nicht-militärische Konfliktinterventionen einlassen.
(9) Internationale Beispiele zeigen, dass Armeefreiheit keine Utopie ist.
(10) Bundesheerabschaffung und Neutralität sind kompatibel.
(11) Bisherige Aufgaben des Bundesheeres im Bereich des
Katastrophenschutzes können von zivilen Einrichtungen
übernommen werden.
(12) Für innere Sicherheit sind Polizei und Innenministerium zuständig.
(13) Bekämpfung des internationalen Terrorismus fällt in den Bereich
des Innenministeriums bzw. Außenamtes.
(14) Militärische Abrüstung schafft eine Friedensdividende und
entlastet das Budget.
(15) Militärische Apparate haben einen enormen Ressourcenverbrauch
und ökologischen Fußabdruck (z. B. Eurofighter, ...)
(16) Neutralität kann auch als nichtmilitärische Neutralität definiert werden.
(1) Bedrohungsbilder rechtfertigen keine militärischen Potenziale.
(2) Militärische Potenziale ziehen Bedrohungen auf sich.
(3) Militärische Apparate sind kosten- und ressourcenintensiv.
(4) Militärische Apparate unterstützen Waffenhandel.
(5) Befreiung von militärischen Denkweisen macht Blick frei
für nicht-militärische Optionen.
(6) Wirkliche Bedrohungen verlangen nach politischen und
sozialen Lösungen.
(7) Militärische Apparate können keine Sicherheit garantieren.
(8) Österreich würde damit seine militärischen Verstrickungen
(EU-Battlegroups, NATO-PfP, …) beenden und könnte sich
besser auf nicht-militärische Konfliktinterventionen einlassen.
(9) Internationale Beispiele zeigen, dass Armeefreiheit keine Utopie ist.
(10) Bundesheerabschaffung und Neutralität sind kompatibel.
(11) Bisherige Aufgaben des Bundesheeres im Bereich des
Katastrophenschutzes können von zivilen Einrichtungen
übernommen werden.
(12) Für innere Sicherheit sind Polizei und Innenministerium zuständig.
(13) Bekämpfung des internationalen Terrorismus fällt in den Bereich
des Innenministeriums bzw. Außenamtes.
(14) Militärische Abrüstung schafft eine Friedensdividende und
entlastet das Budget.
(15) Militärische Apparate haben einen enormen Ressourcenverbrauch
und ökologischen Fußabdruck (z. B. Eurofighter, ...)
(16) Neutralität kann auch als nichtmilitärische Neutralität definiert werden.
[1] De jure ist in allen Staaten dieser Welt mit Wehrpflicht der Zivildienst als Wehrersatzdienst konstruiert, womit der Staat zum Ausdruck bringt, dass prinzipiell der Militärdienst gilt. Historisch gesehen war eine Befreiung der Wehrpflicht stets sehr schwierig oder gar nicht möglich. Noch heute führt der Kriegsdienstzwang in vielen Staaten dieser Welt zur Inhaftierung von jungen Männern, vor allem dort, wo kriegerische Situationen herrschen und die Militärdienstdauer sehr lange ist – Israel, Ägypten u. a. Auch die österreichische Gesetzgebung sieht vor, dass Zivildiener mit einer gegenüber dem Wehrdienst fünfzigprozentig längeren Dienstdauer „bestraft“ werden, was gerade in Ausbildungssituationen für manche jungen Männer zu Schwierigkeiten führt.
[2] Diese Grundthese widerspricht Konzepten, die einen Mix von zivilen und militärischen Elementen vorsehen – z.B. Dreisäulenmodell von Berufssoldaten, Freiwilligenmiliz und zivilen Friedensdiensten.
[3] Diese drei neuen Bedrohungen werden vor allem in der öffentlichen Diskussion um die Zukunft der militärischen Verteidigung von Verteidigungsminister Darabos ins Spiel gebracht.
[4] Dieses Aufgabenfeld wird im öffentlichen Diskurs gerne als die Hauptaufgabe des Bundesheeres hervorgehoben und dient damit als Legitimation für die Existenz des Bundesheeres. Von verschiedenster Seite wurde immer wieder aufgezeigt, dass der Bereich des Katastrophenschutzes von zivilen Einrichtungen bzw. von Freiwilligendiensten besser und auch kostengünstiger abgedeckt werden. Für das neue Katastrophenmanagement kann beispielsweise die freiwillige Feuerwehr ausgebaut werden.
Arno Truger vom ÖSFK in Schlaining meinte dazu, dass allein aus Kosten- und Effizienzgründen der Katastrophenschutz außerhalb des Heeres organisiert sein sollte.
Peter Pilz (Jänner 2011) legte ebenso ein Modell für einen zivilen Bundesschutz mit einer „Akut-Reserve“ aus Feuerwehrleuten vor – dem mittelfristig auch die „schweren Einheiten“, also drei Bataillone, Pioniere, ABC-Einheiten, Feldküchen und Hubschrauber unterstellt werden sollten. Die Kosten dafür würden jährlich 11 Millionen Euro kosten – während die Freiwilligenmiliz des Modells von Darabos 58,7 Millionen Euro kostet. Pilz will 20.000 der insgesamt 275.000 Feuerwehrleute zu einer „Akutreserve“ aufwerten. Dafür sollen sie eine Entgeltvergütung bekommen. Bei einer Maximalannahme von 300.000 Stunden zu je 20 Euro käme man auf sechs Millionen. Organisiert werden soll der Katastrophenschutz durch eine „Bundesschutz“-Abteilung im Innenministerium. Mit rund 100 Bediensteten mit mittleren Bezügen würde sie fünf Millionen kosten, was in Summe elf Millionen Euro ausmacht.
Auch der Präsident des Bundesfeuerwehrverbandes, Josef Buchta, argumentierte in diese Richtung. Er könnte sich vorstellen, dass die Feuerwehr den gesamten Katastrophenschutz übernimmt.Bereits jetzt würden zu 90% bei Katastrophenfällen Feuerwehrleute ausrücken, davon mache die klassische Brandbekämpfung nur mehr 6% der Einsätze aus.
[5] Bagger, Baugeräte, Wasseraufbereitungsanlagen bis hin zu Sandsäcke – dies kann der Feuerwehr, Zivilschutz- und Rettungsorganisationen übergeben werden, die effektiv damit für den Katastrophenschutz ausgerüstet werden können.
[6] Tatsächlich steht das Bedrohungsbild „Schutz vor terroristischen Anschlägen“ in den militärischen Bedrohungsszenarien an oberster Stelle. Staatsschutz fällt jedoch primär in den Bereich des Innenministeriums/Innere Sicherheit und ist damit Aufgabengebiet der Polizei. Terroristische Anschläge der jüngsten Vergangenheit zeigen, dass selbst die Staaten mit den größten Armeen – Russland im Winter 2011 – sich nicht gegen Terror schützen können.
In der Sicherheitsstrategie der Bundesregierung werden folgende neue Bedrohungen genannt: Internationaler Terrorismus, organisierte Kriminalität, Drogenhandel, Migation und Angriffe auf die Computer-Netze. Für alle Bereiche ist in erster Linie der Bereich der Inneren Sicherheit zuständig. Dagegen werden konventionelle Angriffe auf Österreich auf absehbare Zeit eher als „unwahrscheinlich“ betrachtet.
In der Sicherheitsstrategie der Bundesregierung werden folgende neue Bedrohungen genannt: Internationaler Terrorismus, organisierte Kriminalität, Drogenhandel, Migation und Angriffe auf die Computer-Netze. Für alle Bereiche ist in erster Linie der Bereich der Inneren Sicherheit zuständig. Dagegen werden konventionelle Angriffe auf Österreich auf absehbare Zeit eher als „unwahrscheinlich“ betrachtet.
[7] Cyber Attacks als Angriffe auf Computersysteme werden von der Bundesregierung ausdrücklich als neues Bedrohungsszenario genannt. (Sicherheitsstrategie neu-Entwurf)
[8] In diesem Sinne formulierte Oberrabiner Paul Chaim Eisenberg: „Mir würden Kinder, die Blumen überreichen und Luftballons oder Friedenstauben fliegen lassen ebenso ehrenwert erscheinen. … Politiker mit militärischen Ehren zu begrüßen empfinde ich dagegen als weniger stimmig.“ (profil, 31.1.2011)
[9] Bisherige Einrichtungen wie Gedenkdienste, Friedensdienste im Ausland, Entwicklungsdienste können auf freiwilliger Basis mit der nötigen Unterstützung seitens der Ministerien weitergeführt werden. In Studien wurde bereits aufgezeigt, dass bei der nötigen finanziellen und sozialrechtlichen Absicherung viele Jugendliche für einen freiwilligen Dienst bereit wären. Vgl. das Ergebnis der Jugendforschungsagentur „tfactory“ vom März 2011. Demnach meinte der Jugendforscher Heinzlmayr, dass für fast 70 Prozent der Befragten Jugendlichen ein freiwilliger Dienst eine Möglichkeit sei. (TT 12.3.2011)
[10] Tatsächlich hat Österreich mit einer Truppenstärke von 30.100 Personen bereits einen hohen Berufsarmee-Charakter mit 15.900 Berufssoldaten und 9200 zivilen Beamten. Pro Jahr leisten rund 26.000 Rekruten ihren Dienst ab.
[11] Dieses Modell favorisierte Verteidigungsminister Darabos im Jänner 2011 und wird von einem wesentlichen Teil in der SPÖ unterstützt.
[12] Zu Recht fordert der Wiener Caritas-Direktor Nikolaus Landau (23.9.2010) einen Ersatz, sollte die Wehrpflicht und damit auch der Zivildienst abgeschafft werden. Dafür können jedoch die freiwerdenden Mittel aus der Verwaltung des Zivildienstes und des bisherigen Militärbudgets gut umgeschichtet werden. Ein Schritt in diese Richtung wäre es, das „Freiwillige Soziale Jahr“ auf eine rechtliche Basis zu stellen bzw. Freiwilligendienste mit sozialen Absicherungen (Krankengeld, Anrechnungen auf Pensionsversicherungen u.v.a.) zu versehen.
[13] Alle großen Militärcoups in Europa und Südamerika – von Griechenland bis Chile – wurden von Volksheeren inszeniert. Bis zur Gegenwart – wie bei der Jasminrevolution in Tunesien zu Beginn des Jahres 2011 – sind Milizionäre vielfach jene Kräfte, die sich gegen eine Bevölkerung stellen. Tunesien stellt in einem Punkt eine Ausnahme dar, als beim Volksaufstand sich das Militär auf Seite des Volkes stellte. Zugleich liegt darin auch die Gefahr, dass das Militär die Führung in einem Staat übernimmt.
[14] In dieser Formulierung findet sich eine Weiterentwicklung jenes Positionspapiers, das Pax Christi Österreich bei ihrer Generalversammlung im März 2003 als „Drei-Säulen-Modell“ beschlossen hatte: Das Memorandum geht über dieses Positionspapier hinaus, indem es die Säule „Landesverteidigung“ als obsolet betrachtet. Die in diesem Bereich definierten Aufgabengebiete können von den anderen zwei Säulen gut übernommen werden.
[15] In der öffentlichen Diskussion fehlt die Option „keine Armee“ so gut wie völlig. Darabos spricht von 7 Modellen. Das 8. Modell – für das in diesem Memorandum Stellung bezogen wird – fehlt. In Umfragen wird meist nur gefragt: Für oder gegen Wehrpflicht im Sinne der Alternative Wehrpflichtarmee oder Berufsarmee mit mehr oder weniger Miliz- und Freiwilligenkomponenten. Die armeefreie Option wird nicht erwogen.
[16] 25 Staaten dieser Welt verfügen über keine eigene Armee, u. a. Andorra, Costa Rica, Dominicanisch Republik, Grenada, Haiti, Liechtenstein, Mauritius, Panama. In besonderer Weise ist aber Costa Rica als Land ohne Armee in den Blick zu nehmen. „In meiner Heimat gibt es keinen Panzer, kein Artilleriegeschütz, kein Kriegsschiff und keinen Militärhubschrauber“, meint stolz Oscar Arias, der ehemalige Staatspräsident von Costa Rica, als er 1987 den Friedensnobelpreis bekam. In Costa Rica ist eine Armee als dauernde Einrichtung verboten. Für die Überwachung und Bewahrung der öffentlichen Ordnung sind die Polizeikräfte zuständig. Zugleich hat Costa Rica die am besten funktionierende Demokratie in Lateinamerika. Statt Steuereinnahmen für Kriegsmaterial zu verschwenden, kann die Regierung das Geld in die soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Landes stecken. Allerdings findet in Costa Rica in den letzten Jahren eine Abkehr von ihrer bisherigen nichtmilitärischen Politik statt, indem den US-Streitkräften – angeblich zur Bekämpfung des Drogenhandels – Operationen im Hoheitsgebiet Costa Ricas erlaubt werden.
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