Samstag, 23. August 2014

Papst Franziskus zu Militärschlägen im Irak

„Ich spreche nicht von Bomben oder Kriegführen!“ (Papst Franziskus) - Päpstliche Legitimation für US-Militärschläge gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“? Papst und Vatikan würden die „US-Militärschläge“ gegen die Terrormiliz IS befürworten. Die katholische Kirche würde jetzt ein gewaltsames Eingreifen zum Schutz der Christen und Jesiden und anderer Minderheiten im Irak begrüßen. In Zeitungsberichten und anderen Medien wurde von einer Abkehr des päpstlichen Pazifismus geschrieben und von einem „Kurswechsel“ in der vatikanischen Außenpolitik. Bis vor kurzem noch habe der Vatikan vor jedem Waffengang gewarnt. So war Papst Johannes Paul II. beispielsweise klar gegen den Krieg der USA und ihrer Verbündeten im Irak im Jahr 2003. In dieser Linie hat sein Nachfolger stets jeden Krieg und jede militärische Gewaltanwendung verurteilt. Unmissverständlich hat aber Papst Franziskus nach seinem Aufenthalt in Südkorea gesagt: „Ich spreche nicht von Bomben oder Kriegführen!“ (18.8.2014) Seine Aussage, es sei „legitim“, den „ungerechtfertigten Aggressor zu stoppen“, kann daher nicht als Blankoscheck für jeglichen Militäreinsatz und für US-Militärschläge oder Waffenlieferungen an die kurdischen Peschmerga oder die regulären irakischen Truppen gewertet werden. Papst Franziskus spricht eben nicht vom „Kriegführen“, wenn er dazu aufruft, die Gewalt der Terromiliz IS zu „stoppen“. Ausdrücklich vertritt Papst Franziskus die Meinung, dass ein „international abgestimmtes Vorgehen“ notwendig sei, und fügte hinzu: „Ein einzelner Staat könne eine solche Entscheidung nicht treffen.“ Noch deutlicher wird er, wenn er mit Blick auf die Vergangenheit meinte, so ein „Anhalten“ dürfe auch nicht von einzelnen Staaten ausgehen; hier müssten die Vereinten Nationen eine gemeinsame Lösung finden; denn „man sollte im Kopf behalten, wie oft mit der Entschuldigung, einen Angreifer zu stoppen, ein Eroberungskrieg begonnen wurde.“ Es entspricht also – noch? – keineswegs den Aussagen von Papst Franziskus, wenn sie heute schon in einer Weise interpretiert werden, dass die US-Militärschläge die „ultima ratio“ oder ein „gerechter Krieg“ im Sinne der katholischen Friedenslehre seien. Vielmehr sind die Vereinten Nationen herausgefordert, die Fülle an deeskalierenden und nicht-militärischen Mittel zu wählen, die auch in dieser Situation auf diplomatischer Ebene liegen – beispielsweise dem Einfluss anderer islamischer Staaten auf die IS, sowie dem Einsatz von internationalen UN-Friedenstruppen mit Peace-Enforcement-Mandat auf der Basis der UN-Charta, die von Papst Franziskus ausdrücklich genannt wird. Die Forderung nach Errichtung von Schutzzonen, wie sie heute von den Jesiden und anderen verfolgten Minderheiten verlangt werden, ist etwas anderes als die Bewaffnung kurdischer oder schiitischer Militäreinheiten oder die US-Kriegspolitik von Militärschlägen aus der Luft. Eine solche Politik ist bereits in Afghanistan und im Irak gescheitert und führte zur weiteren Aufrüstung und zur weltweiten Ausbreitung des Terrors. Die Kriterien der kirchlichen Friedenslehre für eine ethische und rechtliche Legitimität von Kriegen (ius ad bellum) gelten weiterhin: Der Schutz der irakischen Minderheiten ist unwidersprochen ein zulässiger Kriegsgrund (causa iusta). Schwerlich kann auch der US-Administration und ihrer Verbündeten die rechte Absicht (recta intentio) abgestritten werden. Es braucht allerdings ein Mandat der Vereinten Nationen (legitima auctoritas) für internationale Militäreinsätze. Es genügt eben nicht eine Selbstermächtigung durch die US-Supermacht vorbei am UN-Sicherheitsrat. Es müssen alle anderen Mittel ausgeschöpft sein zur Wiederherstellung des Rechts (ultima ratio). Es muss Aussicht auf den Frieden mit dem Kriegsgegner (iustus finis) bestehen. Wenn Präsident Obama die islamistischen Kräfte mit einem „Krebsgeschwür“ bezeichnet, dann wird das Kriegsziel mit einer Auslöschung des Gegners bestimmt, das nicht auf Frieden ausgerichtet ist, sondern auf die Vernichtung des Feindes (totaler Krieg). Schließlich muss auch die Verhältnismäßigkeit der Mittel (proportionalitas) gewahrt bleiben. Klaus Heidegger, 23. August 2014

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