Dienstag, 5. August 2014

Neutralität und Putin

Österreich und seine Möglichkeiten einer aktiven Neutralitätspolitik im Verhältnis zu Putin-Russland 1) Neutralität setzt auf politisch-ökonomische Unabhängigkeit Durch die South Stream-Gasleitung von Russland nach Österreich wird die Abhängigkeit von russischem Erdgas auf weitere Jahrzehnte fortgesetzt. Österreich – bzw. die OMV – setzt nicht auf Energieautarkie – und wird in Hinkunft noch mehr erpressbar. Schon heute bezieht Österreich knapp 60 Prozent seines Erdgases aus Russland. Umweltschutzorganisationen fordern dagegen, dass die EU auf erneuerbare Energieträger, Energieeffizienz und einen energiesensiblen Lebens- und Konsumstil umstellen sollte. Der Blick auf einen x-beliebigen Autobahnkilometer in Österreich zeigt, wie jeder Benzin- und Dieselkonsument selbst zum Mittäter einer verkehrten Wirtschaftspolitik geworden ist. Die South Stream-Pipeline macht Russland ökonomisch-politisch mächtiger. Die Ukraine wird ausgeschaltet weil das Gas den „Umweg“ über das Schwarze Meer nimmt. Mit South Stream wurde auch das Nabucco-Projekt gestoppt, das die Gaslieferung vom Kaspischen Meer über die Türkei nach Österreich gebracht hätte. Der Gesamtumfang der Investitionen für das South Stream-Projekt beträgt 25 Milliarden Euro. Da die Staaten nicht so viel Geld haben, ist klar, dass die Banken und mit ihnen die Aktienholders ihre Profite machen werden. 2) Neutralität heißt nicht politische Farblosigkeit Politik geschieht wesentlich über Symbolik. Wenn während der Olympischen Winterspiele in Sotschi Putin zu den Klängen von Zillertaler Volksmusik schunkelt und ein Schnapsl trinkt, während Menschenrechtsorganisationen in Russland die Situation in ihrem Land beklagten und Umweltschutzorganisationen auf die fatalen Naturzerstörungen hinwiesen, wenn zwei Monate nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim Putin in Österreich mit militärischen Ehren empfangen wird, um höchst fragwürdige Milliardendeals abzuschließen, dann zelebriert ein kleines Land wie Österreich eine devote Haltung gegenüber dem mächtigen Mann in Russland aus offensichtlich wirtschaftlichen Gründen. Zumindest die Frage muss gestellt werden, ob das Gerede von Österreich als „Brückenbauer“ in einem neuen Kalten Krieg wirklich stimmt oder ob es bloß ein Mascherl für beinharte ökonomische Deals ist. 3) Neutralität heißt „nie wieder Krieg!“ Im Gedenkjahr, wo an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges gedacht wird, ist es wichtig, sich der Kriegsursachen von damals zu erinnern. Es gab zwar klar beschreibbare Anlässe für die Kriegserklärung und den Kriegsausbruch, es gab das Versagen der Politik und anderer Institutionen – bis hin zur Kirche, maßgeblich war jedoch eine gefährliche Mischung von völkischem Nationalismus, Militarismus und Imperialismus auf den verschiedensten Ebenen. Alle drei Elemente können wir gegenwärtig auch in der Politik von Putin ausmachen. Klaus Heidegger, 29. Juni 2014

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