Samstag, 2. März 2013

Mein Lieblingspapst

Mein Lieblingspapst (noch besser wäre freilich Lieblingspäpstin) Er lebt nicht in prunkvollen Palästen mit Fußböden aus Marmor und Möbel aus Edelhölzern, die modrig nach Museen riechen und an eine Zeit erinnern, in der die Kirche mit Macht und Gewalt regierte. Seine Wohnung und Amtsräume sind bescheiden – vielleicht irgendwo mitten in einem der vielen Armutsviertel der Megastädte dieser Welt, nicht mit Blick auf großzügige Gartenanlagen, sondern auf armseligen Wellblechhütten, in der Millionen Menschen und ein großer Teil der Katholiken hausen müssen. Er kleidet sich nicht in herrschaftliche Gewänder. Über seinen bescheiden-einfachen Kleidern passt kein Brokatumhang. Auf seinem Kopf ist keine reich-golden gestickte Mitra – kein bisschen will mein Lieblingspapst in seinem Outfit den weltlichen Herrschern gleichen. „... was sorgt ihr euch um die Kleider ...“ – dieses Jesuswort ist zur Kleiderregel des Papstes geworden und er macht es dem Hl. Franz nach. Er fährt nicht in einem an die 100.000 Euro teuren Mercedes-Papamobil. Dieses hat er dem Daimler-Chef zurückgeschickt mit der Begründung: „Der Papst will damit ein Zeichen setzen, dass er gegen die Geschäfte des größten deutschen Rüstungsproduzenten ist.“ Mein Lieblingspapst lehnt das Product Placement eines Rüstungsgiganten ab, das dem Kriegshandel scheinbar göttlichen Segen verleiht. Er lässt sich nicht länger „Heiliger Vater“ nennen, denn nur einer ist unser „heiliger Vater“. Mit „Pontifex“ mag er genauso wenig angesprochen werden, da dieser Titel an die römischen Herrscher erinnert. Er erhebt auch nicht den missverständlichen Anspruch, „Stellvertreter Christi“ auf Erden zu sein. Er lässt sich nicht von Gardisten beschützen mit ihren Hellebarden, jenen ehemals grausamen Mordinstrumenten. Der Lieblingspapst setzt vielmehr auf gewaltfreie Zeichen. In sein Papstwappen wurde die Regenbogenfahne aufgenommen. Unermüdlich beginnt er den Dialog mit den Ortskirchen, um eine umfassende Reform der Kirche umzusetzen. Die Reformschritte des Zweiten Vatikanums werden mutig fortgeschrieben. Die mittelalterliche Struktur der römischen Kurie wird grundlegend verändert. Die Kollegialität der Bischöfe und damit der Ortskirchen wird gestärkt. Wie in alten Zeiten soll das Volk selbst die Bischöfe wählen, diese wiederum ihre Vertreter in den einzelnen Ländern und diese wiederum wählen den Papst für eine bestimmte Amtsperiode. Damit wird dem Papst eine Machtfülle genommen, die für jede Person zu viel ist, die zu Intrigen und Geheimnistuereien führt. Die Kirche wird transparent und bietet keinen Stoff mehr für Verschwörungsphantasien. Vati-Leaks und Redeverbot für Kardinäle, Forderungen nach absolutem Gehorsam und Skandalgeschichten sind Vergangenheit. So wird möglich, was überall schon lange gefordert wird: Dass sich kirchliche Ämter auch für Frauen öffnen, dass die Ehelosigkeit zur freiwilligen Sache für die Priester wird und damit an Wert und Zeichencharakter gewinnt. Endlich wird es auch ein Papst sein, für den homophobe Äußerungen fremd sind. Letztgültiger Maßstab für das Handeln der Kirche und des Papst wird wieder neu das Evangelium Jesu Christi. Dabei wird mein Lieblingspapst nicht wie sein Vorgänger Gutfreund zu Personen und Organisationen sein, die einem anitmodernistischen Kirchenbild verhaftet sind. Piusbrüder und Opus Dei haben an Einfluss verloren, hingegen wird das so vorbildhafte Wirken der Befreiungstheologen anerkannt. So wird mein Lieblingspapst wichtiger, weil er weniger gewichtig ist, weil die Leitung der Kirche nicht so sehr auf einem einzigen Mann ruht, sondern (basis-)demokratisch wird sie auf viele Köpfe und Herzen verteilt werden. Er wird nicht „bedingungslosen Gehorsam“ einfordern, sondern die Freiheit des Gewissens betonen. Er wird in besonderer Weise auf die Vertreter der anderen christlichen Kirchen und Religionsgemeinschaften zugehen. Die Stolpersteine der Ökumene werden weggeräumt. Zeichenhaft spendet mein Lieblingspapst auch den evangelischen Christen die Kommunion, wenn sie eine „katholische“ Messe besuchen. Abendmahlsgemeinschaft ist Wirklichkeit geworden, weil die anderen Kirchen und ihre Vertreter als Kirchen anerkannt werden. Selbst ein wiederverheiratetes Paar bekam nach genauer Prüfung den Segen des Papstes. Mein Lieblingspapst kann zu einer Weltautorität werden, die die Stimme erhebt gegen den atomaren Rüstungswahnsinn und das systematisch-strukturierte Verbrechen einer imperialistischen Weltherrschaft des Kapitals, das verursacht, dass alle 5 Sekunden ein Kind an Folgen des Hungers stirbt. Im neuen Peak-Oil-Pontifikat wird die katholische Weltkirche als Global Player ihre umfassende Verantwortung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung neu wahrnehmen. Klaus Heidegger, am 1. Tag der Sedisvakanz, 1. März 2013

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