Sonntag, 8. März 2015

Frauen - Religion und Kirche - Frauentag 2015



Frauen – Religion und Kirche –
ein Beitrag zum Frauentag 2015 für den Religionsunterricht
von Klaus Heidegger
Abwertung der Natur – Abwertung der Frauen
Die Ausgangsthese lautet, dass die Abwertung von Frauen in den Kirchen, die sich in der römisch-katholischen Kirche vor allem im Ausschluss der Frauen von den Weiheämtern äußert, wesentlich biologistische Ursachen hat, das heißt mit einer Ablehnung bzw. Verdrängung weiblicher Sexualität in Verbindung gebracht werden muss. Die Verdrängung des Sexuellen wurde im Laufe der Jahrhunderte auch zur Abgrenzung von der Natur. Kultur wurde mit dem Männlichen assoziiert, während Frauen mit der Natur in Verbindung gebracht wurden. Die Abwertung der Natur führt zur Abwertung der Frauen. Diese Genderrolle hängt wesentlich mit den (natürlichen) Aktivitäten von Frauen zusammen: dem Gebären, dem Stillen, der Nahrungsversorgung. Der Körper der Frauen wurde zum Eigentum der Männer und in ihre Kontrollgewalt gegeben. Die Monatsblutungen der Frauen galten als unrein, was wiederum bereits im orthodoxen Judentum zu einem Ausschluss der Frauen von Tempeldiensten führte und sie an bestimmten Tagen überhaupt mit einem Berührungsverbot belegte. Große philosophische Strömungen der griechisch-römischen Antike, wie die Stoa, prägten dann auch die Vorstellungen christlicher Theologen in den ersten Jahrhunderten des Christentums. Dies gipfelt in Aussprüchen von der Frau als „missglücktem Mann“, so der Kirchenvater Thomas von Aquin, oder im Diktum von Augustinus „Das Weib ist ein minderwertiges Wesen, das von Gott nicht als sein Ebenbild geschaffen wurde.“ Im Mittelalter wurden Frauen zunächst als sexuelle Gefahr für die Männer gesehen. Die klerikale Misogynie war wesentlich beteiligt an den Hexenjagden, in denen vom 14. bis zum 17. Jahrhundert mindestens eine Million Frauen grausam umgebracht wurden.
Jüdisch-christliche Wurzeln sind nicht leibfeindlich
Demgegenüber ist in den Wurzeln des jüdisch-christlichen Denkens keine Abwertung der Sexualität und damit auch keine sexistisch motivierte Abwertung der Frau zu finden. Im Gegenteil: Schon im ersten Schöpfungsbericht heißt es von allem Geschaffenen, von der gesamten Natur und auch von der Sexualität: „es war sehr gut“. Es finden sich Texte wie das „Hohe Lied der Liebe“, in dem unbefangen von der erotischen Liebe zweier Menschen geschrieben wird. Schließlich erweist sich vor allem Jesus als „Freund der Frauen, der erste und fast schon zugleich der letzte Freund der Frauen in der Kirche“[1], in dessen Jüngerschaft Frauen waren, die heute wohl als „Emanzen“ diffamiert würden.
Feministische Theologie
Auf diese Ursprünge konnte sich ab den 1970er-Jahren die feministische Theologie beziehen, die sich aus theologisch-religiösen Gründen für eine Befreiung der Frauen in Gesellschaft, Wirtschaft und auch Kirche einsetzte. Zu den markanten Forderungen zählte beispielsweise die Zulassung der Frauen zu allen kirchlichen Ämtern. 40 Jahre später ist in der katholischen Kirche diese Forderung weiterhin unerfüllt geblieben. Selbst der reformfreudige Papst Franziskus denkt noch nicht daran, den Ausschluss der Frauen vom Priesteramt aufzuheben. In seiner ersten Enzyklika (Evangelii Gaudium, Dezember 2013) beharrte er auf dem alten Satz, nur Männer könnten Priester werden. Auch der Zölibat, der durchaus auf mehrfache Weise mit Verdrängung der Sexualität in Verbindung gebracht werden kann und der mit verursacht, dass im Laufe der Jahrhunderte Frauen als „Gefahr“ für die Kleriker gesehen wurden, bleibt weiterhin bestehen.
Demgegenüber ist in anderen christlichen Kirchen die Ordination von Frauen zu Pfarrerinnen und auch die Wahl von Bischöfinnen bereits gängiger Usus. Erst vor wenigen Wochen (Jänner 2015) wurde in der Church of England Libby Lane zur Bischöfin geweiht. In vielen Bereichen haben Frauen aber auch in der katholischen Kirche wichtige Positionen eingenommen, die früher klerikalen Männern vorbehalten waren – so beispielsweise die Seelsorgeamtsleiterin der Diözese Innsbruck. Freilich geht es nicht darum, den Grundfehler des überholten Patriarchats zu wiederholen, dass die Besetzungen von Positionen geschlechtsabhängig sind und dass Veränderungen auf der Ebene von Dominanz und Exklusion angestrebt werden. Im kirchlichen Kontext ist immer wieder das Bemühen sichtbar nach Gendergerechtigkeit auch in der Liturgie und der Verkündigung. Gender-Mainstreaming ist in manchen kirchlichen Bereichen bereits mehr akzeptiert als in der Gesellschaft im Allgemeinen. Und dennoch: Ein Stück Wahrheit liegt im Protest der Femen-Demonstrantin, die am Weihnachtsabend 2013 im Kölner Dom mit entblößter Brust auf den Altar sprang und dort lauthals die Unterdrückung der Frauen in der Kirche anprangerte. Wenn wir allerdings daran denken, dass auch in der Politik und in der Gesellschaft viele Ämter erst Mitte des vorigen Jahrhunderts von Frauen besetzt wurden, dann ist die Kirche zwar „rückständig“, doch mit einem Abstand, der noch Hoffnung gibt.
Protoypische Gestalt Maria Magdalena
Abschließend sei noch auf die Säulenheilige des Christentums verwiesen. An dieser Gestalt bündelt sich alles, was wir mit Verdrängung des Sexuellen und zugleich mit Befreiung der Frau verbinden können. Maria Magdalena, sie wurde sowohl als Apostolin und Jüngerin Jesu gewertet, zugleich aber auch im Laufe der Jahrhunderte stets über ihre Sexualität als Hure, Frau, Geliebte oder Gefährtin Jesu gesehen. Maria Magdalena ist die am häufigsten vorkommende Frau im Neuen Testament. Das ist allein schon erwähnenswert, da die Religionen meist von Männern dominiert worden sind. Maria Magdalena repräsentiert die weibliche Seite der Religion; sie beweist Mut und Stärke in den Erzählungen der Bibel. Zugleich diente Maria immer auch als Projektionsfläche für männliche (Sexualitäts-)Phantasien. In der Kunst wurde sie vielfach zur reumütigen Hure mit den roten Haaren. Ein sexuell-positiv aufgeladenes Bild erhielt sie etwa im Musical von Jesus Christ Superstar von Andrew Lloyd Webber oder auch im Megabestseller „The Da Vinci Code“ von Dan Brown. In diesen letzteren Fällen wird deutlich, wie eine positiv verstandene Sexualität, die integriert ist in eine Liebesgeschichte, auch zur Befreiung der männlichen Partner beitragen kann. Die Frau – Maria Magdalena – ist nicht mehr länger die teuflische Verführerin, sondern Partnerin im Erlösungsprozess. Frauen – insbesondere in den katholischen Frauenorden – haben sich immer wieder ein Vorbild an dieser Maria von Magdala genommen. Als Beispiel dafür gelten auch die Beginen.
In einem Text einer feministischen Theologin, Luzia Sutter Rehmann, wird deutlich, wie heute schon im Bereich der Kirche Emanzipation und Befreiung gelingen kann. Es bedeutet die eschatologische Spannung des Reiches Gottes, als Wirklichkeit, die schon da ist und deren Erfüllung noch aussteht, zu leben: „Wir sind auf der Suche nach der Kraft, die uns aus den Häusern, aus den zu engen Schuhen und aus den Gräbern treibt. Aufstehen und mich dem Leben in die Arme werfen –nicht erst am jüngsten Tag, nicht erst, wenn es nichts mehr kostet und niemandem mehr wehtut. Sich ausstrecken nach allem, was noch aussteht, und nicht nur nach dem Zugebilligten. Uns erwartet das Leben. Wann, wenn nicht jetzt?“[2]
Literaturangaben:
Brown Dan (2006): Sakrileg, Bergisch-Gladbach. Daly Mary (1990): Gyn-Ecology: The Metaphysics of Radical Feminism, Boston: Beacon Press.Ranke-Heinemann Uta (1988): Eunuchen für das Himmelreich. Katholische Kirche und Sexualität, Hamburg: Hoffmann und Campe.Ruether Rosemary (1985): Sexismus und die Rede von Gott. Schritte zu einer anderen Theologie, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus. Schottroff Luise, Schroer Silvia, Wacker Marie-Theres (1995): Feministische Exegese. Forschungserträge zur Bibel aus der Perspektive von Frauen, Darmstadt.


[1] Ranke-Heinemann Uta (1988): Eunuchen für das Himmelreich. Katholische Kirche und Sexualität, Hamburg: Hoffmann und Campe, 125.

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