Frauen –
Religion und Kirche –
ein Beitrag zum Frauentag 2015 für den Religionsunterricht
ein Beitrag zum Frauentag 2015 für den Religionsunterricht
von Klaus Heidegger
Abwertung der Natur – Abwertung der Frauen
Die Ausgangsthese lautet, dass
die Abwertung von Frauen in den Kirchen, die sich in der römisch-katholischen
Kirche vor allem im Ausschluss der Frauen von den Weiheämtern äußert,
wesentlich biologistische Ursachen hat, das heißt mit einer Ablehnung bzw.
Verdrängung weiblicher Sexualität in Verbindung gebracht werden muss. Die
Verdrängung des Sexuellen wurde im Laufe der Jahrhunderte auch zur Abgrenzung
von der Natur. Kultur wurde mit dem Männlichen assoziiert, während Frauen mit
der Natur in Verbindung gebracht wurden. Die Abwertung der Natur führt zur
Abwertung der Frauen. Diese Genderrolle hängt wesentlich mit den (natürlichen)
Aktivitäten von Frauen zusammen: dem Gebären, dem Stillen, der
Nahrungsversorgung. Der Körper der Frauen wurde zum Eigentum der Männer und in
ihre Kontrollgewalt gegeben. Die Monatsblutungen der Frauen galten als unrein,
was wiederum bereits im orthodoxen Judentum zu einem Ausschluss der Frauen von
Tempeldiensten führte und sie an bestimmten Tagen überhaupt mit einem
Berührungsverbot belegte. Große philosophische Strömungen der
griechisch-römischen Antike, wie die Stoa, prägten dann auch die Vorstellungen
christlicher Theologen in den ersten Jahrhunderten des Christentums. Dies
gipfelt in Aussprüchen von der Frau als „missglücktem Mann“, so der
Kirchenvater Thomas von Aquin, oder im Diktum von Augustinus „Das Weib ist ein
minderwertiges Wesen, das von Gott nicht als sein Ebenbild geschaffen wurde.“
Im Mittelalter wurden Frauen zunächst als sexuelle Gefahr für die Männer
gesehen. Die klerikale Misogynie war wesentlich beteiligt an den Hexenjagden,
in denen vom 14. bis zum 17. Jahrhundert mindestens eine Million Frauen grausam
umgebracht wurden.
Jüdisch-christliche Wurzeln sind nicht leibfeindlich
Demgegenüber ist in den Wurzeln
des jüdisch-christlichen Denkens keine Abwertung der Sexualität und damit auch
keine sexistisch motivierte Abwertung der Frau zu finden. Im Gegenteil: Schon
im ersten Schöpfungsbericht heißt es von allem Geschaffenen, von der gesamten
Natur und auch von der Sexualität: „es war sehr gut“. Es finden sich Texte wie
das „Hohe Lied der Liebe“, in dem unbefangen von der erotischen Liebe zweier
Menschen geschrieben wird. Schließlich erweist sich vor allem Jesus als „Freund
der Frauen, der erste und fast schon zugleich der letzte Freund der Frauen in
der Kirche“[1], in
dessen Jüngerschaft Frauen waren, die heute wohl als „Emanzen“ diffamiert
würden.
Feministische Theologie
Auf diese Ursprünge konnte sich
ab den 1970er-Jahren die feministische Theologie beziehen, die sich aus
theologisch-religiösen Gründen für eine Befreiung der Frauen in Gesellschaft,
Wirtschaft und auch Kirche einsetzte. Zu den markanten Forderungen zählte
beispielsweise die Zulassung der Frauen zu allen kirchlichen Ämtern. 40 Jahre
später ist in der katholischen Kirche diese Forderung weiterhin unerfüllt
geblieben. Selbst der reformfreudige Papst Franziskus denkt noch nicht daran,
den Ausschluss der Frauen vom Priesteramt aufzuheben. In seiner ersten
Enzyklika (Evangelii Gaudium, Dezember 2013) beharrte er auf dem alten Satz,
nur Männer könnten Priester werden. Auch der Zölibat, der durchaus auf
mehrfache Weise mit Verdrängung der Sexualität in Verbindung gebracht werden
kann und der mit verursacht, dass im Laufe der Jahrhunderte Frauen als „Gefahr“
für die Kleriker gesehen wurden, bleibt weiterhin bestehen.
Demgegenüber ist in anderen
christlichen Kirchen die Ordination von Frauen zu Pfarrerinnen und auch die
Wahl von Bischöfinnen bereits gängiger Usus. Erst vor wenigen Wochen (Jänner
2015) wurde in der Church of England Libby Lane zur Bischöfin geweiht. In
vielen Bereichen haben Frauen aber auch in der katholischen Kirche wichtige
Positionen eingenommen, die früher klerikalen Männern vorbehalten waren – so
beispielsweise die Seelsorgeamtsleiterin der Diözese Innsbruck. Freilich geht
es nicht darum, den Grundfehler des überholten Patriarchats zu wiederholen,
dass die Besetzungen von Positionen geschlechtsabhängig sind und dass
Veränderungen auf der Ebene von Dominanz und Exklusion angestrebt werden. Im
kirchlichen Kontext ist immer wieder das Bemühen sichtbar nach
Gendergerechtigkeit auch in der Liturgie und der Verkündigung.
Gender-Mainstreaming ist in manchen kirchlichen Bereichen bereits mehr
akzeptiert als in der Gesellschaft im Allgemeinen. Und dennoch: Ein Stück
Wahrheit liegt im Protest der Femen-Demonstrantin, die am Weihnachtsabend 2013
im Kölner Dom mit entblößter Brust auf den Altar sprang und dort lauthals die
Unterdrückung der Frauen in der Kirche anprangerte. Wenn wir allerdings daran
denken, dass auch in der Politik und in der Gesellschaft viele Ämter erst Mitte
des vorigen Jahrhunderts von Frauen besetzt wurden, dann ist die Kirche zwar
„rückständig“, doch mit einem Abstand, der noch Hoffnung gibt.
Protoypische Gestalt Maria Magdalena
Abschließend sei noch auf die
Säulenheilige des Christentums verwiesen. An dieser Gestalt bündelt sich alles,
was wir mit Verdrängung des Sexuellen und zugleich mit Befreiung der Frau
verbinden können. Maria Magdalena,
sie wurde sowohl als Apostolin und Jüngerin Jesu gewertet, zugleich aber auch
im Laufe der Jahrhunderte stets über ihre Sexualität als Hure, Frau, Geliebte
oder Gefährtin Jesu gesehen. Maria Magdalena ist die am häufigsten vorkommende
Frau im Neuen Testament. Das ist allein schon erwähnenswert, da die Religionen
meist von Männern dominiert worden sind. Maria Magdalena repräsentiert die
weibliche Seite der Religion; sie beweist Mut und Stärke in den Erzählungen der
Bibel. Zugleich diente Maria immer auch als Projektionsfläche für männliche
(Sexualitäts-)Phantasien. In der Kunst wurde sie vielfach zur reumütigen Hure
mit den roten Haaren. Ein sexuell-positiv aufgeladenes Bild erhielt sie etwa im
Musical von Jesus Christ Superstar von Andrew Lloyd Webber oder auch im
Megabestseller „The Da Vinci Code“ von Dan Brown. In diesen letzteren Fällen
wird deutlich, wie eine positiv verstandene Sexualität, die integriert ist in
eine Liebesgeschichte, auch zur Befreiung der männlichen Partner beitragen
kann. Die Frau – Maria Magdalena – ist nicht mehr länger die teuflische
Verführerin, sondern Partnerin im Erlösungsprozess. Frauen – insbesondere in
den katholischen Frauenorden – haben sich immer wieder ein Vorbild an dieser
Maria von Magdala genommen. Als Beispiel dafür gelten auch die Beginen.
In einem Text einer
feministischen Theologin, Luzia Sutter Rehmann, wird deutlich, wie heute schon
im Bereich der Kirche Emanzipation und Befreiung gelingen kann. Es bedeutet die
eschatologische Spannung des Reiches Gottes, als Wirklichkeit, die schon da ist
und deren Erfüllung noch aussteht, zu leben: „Wir sind auf der Suche nach der
Kraft, die uns aus den Häusern, aus den zu engen Schuhen und aus den Gräbern
treibt. Aufstehen und mich dem Leben in die Arme werfen –nicht erst am jüngsten
Tag, nicht erst, wenn es nichts mehr kostet und niemandem mehr wehtut. Sich
ausstrecken nach allem, was noch aussteht, und nicht nur nach dem
Zugebilligten. Uns erwartet das Leben. Wann, wenn nicht jetzt?“[2]
Literaturangaben:
Brown Dan (2006): Sakrileg, Bergisch-Gladbach. Daly Mary (1990): Gyn-Ecology: The Metaphysics
of Radical Feminism, Boston: Beacon Press.Ranke-Heinemann Uta (1988): Eunuchen
für das Himmelreich. Katholische Kirche und Sexualität, Hamburg:
Hoffmann und Campe.Ruether Rosemary (1985): Sexismus und die Rede von Gott.
Schritte zu einer anderen Theologie, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus. Schottroff Luise, Schroer Silvia, Wacker
Marie-Theres (1995):
Feministische Exegese. Forschungserträge zur Bibel aus der Perspektive
von Frauen, Darmstadt.
[1] Ranke-Heinemann
Uta (1988): Eunuchen für das Himmelreich. Katholische Kirche und Sexualität,
Hamburg: Hoffmann und Campe, 125.
[2] http://gender-kirche.de/was-ist-feministische-theologie/,
abgerufen am 2.1.2013.
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