Sonntag, 27. Januar 2013

Zwangskrekrutierung bleibt Ausbildung zum Kriegführen

Warum eine Bewegung, die auf Gewaltfreiheit aufbaut, dem Bundesheer und militärischer Zwangsrekrutierung prinzipiell kritisch gegenüber eingestellt bleiben wird – auch nach dem Plebiszit – liegt im eigentlichen Zweck dieser Institutionen. Ihn bringt Caspar Einem treffend auf den Punkt. „Man hat doch in den vergangenen Wochen gänzlich darauf vergessen, dass es sich beim Bunesheer um eine Armee handelt, bei der es im schlimmsten Fall auch um das Kriegführen gehen kann. Das Bundesheer ist keine Schneeschauflerpartie und keine Beschäftigungstherapie für junge Männer. Der eigentliche Zweck ist die militärische Ausbildung.“ Caspar Einem, Tiroler Tageszeitung, 25.1.2013

Nach der Volksbefragung zur Wehrpflicht - Reformen!

Nach der Volksbefragung: Den Geist der Gewaltfreiheit stärken, Zivil- und Wehrdienste reformieren und Alternativen einer nicht-militärischen Friedenspolitik entwickeln Die Kommission Pazifismus/Antimilitarismus von Pax Christi Österreich will die breite öffentliche Diskussion über eine Neugestaltung der Zivil- und Wehrdienste sowie der Weichenstellungen für eine sicherheits- und friedenspolitische Zukunft nützen und dabei die gewaltfreie und pazifistische Option einbringen. Einerseits gilt es, den Volksentscheid zu akzeptieren, andererseits bleiben die Kritikpunkte an der Wehrpflicht bestehen und die Hoffnung, dass eines Tages diese Institution doch abgeschafft werden wird, lebt fort. Nach der Volksbefragung ergeben sich drei Handlungsfelder. Die ersten zwei liegen im Bereich des Fortbestehens von Wehr- und Zivildienst, das dritte Handlungsfeld liegt außerhalb des Systems der Pflichtdienste und des Heeres und bietet die größten Chancen für wirklich friedenspolitisches Handeln. Pax Christi hat dazu mit dem Konzept von Freiwilligendiensten bereits wichtige Vorarbeiten geleistet. 1) Handlungsfeld 1: Im System den Zivildienst reformieren • Der Zivildienst sollte zur echten Alternative werden durch Erweiterung von Tätigkeitsfeldern und Aufgabengebieten. Die Forderung des Tiroler Caritas-Direktors Georg Schärmer, dass Zivildienst nicht länger „Wehr-Ersatz“ bleiben soll, ist in dieser Hinsicht voll zu unterstützen. • Aus Gründen der Gerechtigkeit (Wettbewerbsnachteil in Beruf, Ausbildung und Studium) ist eine gleiche Dienstdauer zwischen Wehr- und Zivildienst anzustreben. • Der Vorschlag der Grünen, nach einer Anrechenbarkeit von ehrenamtlichen Diensten auf den Zivildienst, würde ein interessante Perspektive zur Stärkung von Freiwilligendiensten bieten. 2) Handlungsfeld 2: Im System den Wehrdienst reformieren (bzw. „Zivildienstverweigerer-Dienste“ reformieren) • Die Tätigkeitsfelder des Bundesheeres sind ausschließlich im Rahmen einer konsequenten Neutralitätspolitik zu definieren, was Auslandseinsätze betrifft ausschließlich im Rahmen der Vereinten Nationen zur Friedenserhaltung bzw. zum Friedensaufbau. Hier gilt es das B-VG Art. 23f (Kriegsteilnahmeermächtigung der Bundesregierung) in Frage zu stellen. • Fragwürdig ist weiters B-VG-Art 79, das einen Einsatz des Bundesheeres gegen das eigene Volk ermöglichen würde. • Bestehende Einbindungen in Bündnisstrukturen (Partnership for Peace, EU-Battle-Groups) sind rückgängig zu machen. • Es braucht eine Reduktion des Wehrbudgets und zugleich ein Einrechnen aller rüstungsrelevanten Aufwendungen in dieses Budget. • Bei künftigen Überlegungen für Neuanschaffungen von Rüstungsmaterialen sollte darauf Rücksicht genommen werden, warum der überwiegende Teil der Bevölkerung für Wehrpflicht gestimmt hat: Insofern bräuchte es Schneeräumgeräte statt Panzer, Schneeschaufeln statt Sturmgewehre, ... • Schrittweise Reduktion der Personalstärke des Bundesheeres. 3) Handlungsalternative 3: Alternativen außerhalb der Pflichtdienste und des Militärs • Die Kommission Antimilitarismus/Pazifismus von Pax Christi Österreich unterstützt die Bürgerinitiative Bundesheer abschaffen. Sie ist jetzt nach der Volksbefragung weiterhin notwendig, weil sie jenen Teil der Bevölkerung repräsentieren kann, die sich Frieden und Sicherheit jenseits eines militärischen Systems vorstellen können und daran arbeiten wollen. • Friedensdienste sind Bausteine einer aktiven Friedenspolitik. Anstatt auf Kosten des sozialen Friedens und der Umwelt militärische Potenziale mit enormem Aufwand weiter auszubauen bzw. zu erhalten, sollte der Vorrang bei Investitionen in den weiteren Ausbau ziviler Kapazitäten der Konfliktbearbeitung – beispielsweise von Peace-Building-Stellen im Bereich der UNO, der OSZE oder der EU – liegen. Konkret soll es um die Förderung eines Europäischen Zivilen Friedensdienst-Programms gehen, um qualifizierte Friedensfachkräfte und Friedensteams in Konfliktregionen entsenden zu können. Dafür ist auch eine sichere Finanzierung des Österreichischen Studienzentrums für Frieden und Konfliktlösung in Schlaining notwendig. Zum Aufbau einer Friedenskultur zwischen den Nationen und Völkern kann auf ein großes Potential an Möglichkeiten zurückgegriffen werden, die sich bereits in der Vergangenheit bewährt haben und angewendet worden sind.

Mali - gewaltfrei intervenieren!

In Mali – gewaltfrei interveniern! „Die Antwort auf Gewalt dürfe nicht Gewalt bedeuten. ... Die Religionen sollten sich stattdessen ihres Versöhnungspotenzials besinnen. ... Nur so könne die Sackgasse der Intoleranz gesprengt werden.“ Mit diesen Worten wird in der heutigen Sonntagsausgabe der Tiroler Tageszeitung Jozef Niewiadomski zitiert. Gelten diese Worte auch angesichts der Situation in Mali? In Mali wird Gewalt mit Gewalt beantwortet. Die islamistischen Kämpfer im Norden erfahren die Gewalt der französischen Streitmacht. Jankowitsch begrüßt das Vorgehen der französischen Truppen – siehe Mali: Ein neuer Krisenherd in Afrika fordert Europa heraus | ampunkt.bsa.at – und die alte Kolonialmacht wird wie ein Befreier gefeiert – sie Militäreinsatz in Mali: Frankreich läuft prima - taz.de. Die Strategie der Europäischen Union setzt zielstrebig auf den Aufbau einer „regulären“ militärischen Armee in Mali. Können solche Signale von Seiten Pax Christi unwidersprochen bleiben? Elisabeth Förg sendet andere Signale aus, wenn sie als Entwicklungsexpertin aus Mali schreibt: „Bisher noch kaum genutzt wurde das reiche soziale Kapital der malischen Gesellschaft mit ihrer hochentwickelten Kultur des Dialogs und der Konfliktlösung zwischen den Ethnien. Der starke Wunsch nach dem Wiederaufbau eines demokratischen und säkularen Staates und der Stolz auf die friedfertigen Traditionen sind hoffnungsvolle Zeichen. Diesen politischen Prozess, inklusive einer Aushandlung von Selbstbestimmungsrechten, sollte die internationale Gemeinschaft klug und sachkundig unterstützen.“ (27.1.2013)

Samstag, 19. Januar 2013

Mali als Nagelprobe für pazifistische und antimilitaristische Optionen Gegenwärtig wird in nordwestafrikanischen Ländern, insbesondere in Mali, sichtbar, was auch der Kern der Österreichischen Sicherheitsstrategie ist. Bedrohungsszenarium 1 ist der Kampf gegen den Terrorismus, verbunden damit auch Bedrohungsszenarium 2, nämlich die Gefährdung von Rohstoffquellen. Die Terroristen sind islamistische bzw. salafistische Kräfte, die mit untolerierbarer Grausamkeit den Norden von Mali erobert haben. In diesen Gebieten liegen wiederum bedeutsame Rohstoffquellen für die europäischen und internationalen Konzerne. Responsibility-to-Protect (R2P) ist nun wieder als Software gefragt. Die nötige Hardware liefern die bestgerüstetsten europäischen Armeen. Solche Software und Hardware führt zum Modern Warfare. Für Frankreich ist dies eine logische Folge: Die französische Nation hat die größten Wirtschaftsinteressen in dieser Region und zugleich die schlagkräftigste Armee. Seit den Kolonialzeiten ist ihr dieses Gebiet vertraut. Wie reagieren friedensbewegte Kräfte in dieser Situation? Stellt diese Lage nicht jede antimilitärische und pazifistische Option in Frage? Ist es unmoralisch und unverantwortlich, nicht nach einem massiven militärischen Eingreifen gegen Islamisten und Salafisten zu rufen? Dürfen wir angesichts des Leids in Nordmali die militärische Entschlossenheit Frankreichs kritisch sehen? Vor allem Gegner einer Berufsarmee aus den Reihen der Friedensbewegung müssten sich nun fragen. Warum sind wir gegen Battlegroups unter österreichischer Beteiligung, bejahen aber Frankreichs Intervention? Wer Hannes Androsch mit seinen Profiheer-Ambitionen schnell verurteilt hat und jetzt Frankreichs Tun in Mali befürwortet, bleibt in sich widersprüchlich. Wer am Sonntag in der Wahlzelle ein Kreuzerl macht, ohne die Situation in Mali mitzubedenken, blendet einen wesentlichen Teil der Wirklichkeit aus und handelt mit österreichischer Kleingeistigkeit. Eine friedensbewegte Antwort könnte jedenfalls lauten: Wir brauchen gerade angesichts der Weltsituation bestens ausgebildete nichtmilitärische und militärische Friedensfachkräfte, die höchstprofessionell geschult sind, im Rahmen der Vereinten Nationen in Gewaltsituationen zu intervenieren. Da könnte der ganz spezifische Beitrag einer österreichischen Armee liegen. Ein Nachdenken darüber wird vor allem aber die Tausenden Möglichkeiten einer nicht-militärischen Konflikttransformation nicht weiterhin ausblenden. Dr. Klaus Heidegger, Pax Christi