Dienstag, 3. Juli 2012

Ein katholischer Hardliner wird Chef der Glaubenskongregation


Ein katholischer Hardliner wird Chef der Glaubenskongregation

Ist mein Titel zu unversöhnlich gewählt? Darf ich von einem Hardliner sprechen oder ist dies beleidigend? Jemand, der ihn genauer kennt, Hans Küng, bezeichnet ihn jedenfalls als „bornierten Scharfmacher“, der als Chef der Glaubenskongregation „fehl am Platz sei“. Fakt ist, dass der soeben vom Papst ernannte Regensburger Bischof Gerhard Müller sich in den vergangenen Jahren vor allem als Kirchenmann einen Namen gemacht hat, der mit unversöhnlicher Härte gegen Kirchenreformen und Kirchenreformer und Kirchenreformerinnen aufgetreten ist. Der neue starke Mann im Vatikan wird eine tief gespaltene Diözese hinterlassen, obwohl doch die vatikanischen Spitzenmänner permanent von „Einheit“ sprechen. Der persönliche Freund des Papstes und bayerische Landsmann wird als Präfekt der Glaubenskongregation in Hinkunft das dritthöchste Amt der katholischen Kirche bekleiden. Der Begriff „bekleiden“ passt optimal für Männer, die sich in erzbischöfliche und bald wohl auch kardinalische Herrschaftsgewänder begeben und sich mit Exzellenz oder Eminenz betiteln lassen. In seiner Funktion als Präfekt der Glaubenskongregation wird Erzbischof Müller zugleich als Vorsitzender der Internationalen Theologenkommission und der Bibelkommission maßgeblich die Linie der römisch-katholischen Kirche vorgeben können.
Fakt ist, dass im Bistum Regensburg die Zahl der Katholiken um 100.000 zurückgegangen ist, rund 10 Prozent der Gesamtkatholikenzahl. Es passt zum Konzept der „kleinen Herde“, die gehorsam der „reinen Lehre“ folgt. Reformgruppen wurden von Bischof Müller erst kürzlich beim Deutschen Katholikentag als „parasitäre Existenzform“ in der Kirche bezeichnet, eine Wortwahl, die an eine verhängnisvolle Zeit der deutsch-österreichischen Geschichte erinnert. Unschwer zu erkennen ist die Tatsache, wie Kirchenmänner in der Benedikt-Kirche Karriere machen können durch radikale Ablehnung der Forderung nach Frauenordination oder Aufhebung des Zölibats, unverbrüchliche Papsttreue und Härte gegenüber Kirchenkritikern. Kirchenkritische Kräfte in seiner Diözese wurden ausgegrenzt oder abgesetzt. Es ist zu hoffen, dass sich bei der Bestimmung der kommenden Bischöfe in Österreich nicht auch diese Strategie durchsetzen wird. Mit Gerhard Müller in der neuen vatikanischen Schlüsselposition mag diese Hoffnung wenig Grundlage haben, wäre da nicht auch die Zuversicht, dass Gottes Geist in der Kirche stärker werden kann als der miefig-reaktionäre Kirchengeist des Vatikans.
Dr. Klaus Heidegger, Religionslehrer

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