Ein katholischer
Hardliner wird Chef der Glaubenskongregation
Ist mein Titel zu unversöhnlich gewählt? Darf ich von einem Hardliner
sprechen oder ist dies beleidigend? Jemand, der ihn genauer kennt, Hans Küng,
bezeichnet ihn jedenfalls als „bornierten Scharfmacher“, der als Chef der
Glaubenskongregation „fehl am Platz sei“. Fakt ist, dass der soeben vom Papst
ernannte Regensburger Bischof Gerhard Müller sich in den vergangenen Jahren vor
allem als Kirchenmann einen Namen gemacht hat, der mit unversöhnlicher Härte
gegen Kirchenreformen und Kirchenreformer und Kirchenreformerinnen aufgetreten
ist. Der neue starke Mann im Vatikan wird eine tief gespaltene Diözese
hinterlassen, obwohl doch die vatikanischen Spitzenmänner permanent von
„Einheit“ sprechen. Der persönliche Freund des Papstes und bayerische Landsmann
wird als Präfekt der Glaubenskongregation in Hinkunft das dritthöchste Amt der
katholischen Kirche bekleiden. Der Begriff „bekleiden“ passt optimal für
Männer, die sich in erzbischöfliche und bald wohl auch kardinalische
Herrschaftsgewänder begeben und sich mit Exzellenz oder Eminenz betiteln
lassen. In seiner Funktion als Präfekt der Glaubenskongregation wird Erzbischof
Müller zugleich als Vorsitzender der Internationalen Theologenkommission und
der Bibelkommission maßgeblich die Linie der römisch-katholischen Kirche
vorgeben können.
Fakt ist, dass im Bistum Regensburg die Zahl der
Katholiken um 100.000 zurückgegangen ist, rund 10 Prozent der
Gesamtkatholikenzahl. Es passt zum Konzept der „kleinen Herde“, die gehorsam
der „reinen Lehre“ folgt. Reformgruppen wurden von Bischof Müller erst kürzlich
beim Deutschen Katholikentag als „parasitäre Existenzform“ in der Kirche
bezeichnet, eine Wortwahl, die an eine verhängnisvolle Zeit der
deutsch-österreichischen Geschichte erinnert. Unschwer zu erkennen ist die
Tatsache, wie Kirchenmänner in der Benedikt-Kirche Karriere machen können durch
radikale Ablehnung der Forderung nach Frauenordination oder Aufhebung des
Zölibats, unverbrüchliche Papsttreue und Härte gegenüber Kirchenkritikern. Kirchenkritische
Kräfte in seiner Diözese wurden ausgegrenzt oder abgesetzt. Es ist zu hoffen,
dass sich bei der Bestimmung der kommenden Bischöfe in Österreich nicht auch
diese Strategie durchsetzen wird. Mit Gerhard Müller in der neuen vatikanischen
Schlüsselposition mag diese Hoffnung wenig Grundlage haben, wäre da nicht auch
die Zuversicht, dass Gottes Geist in der Kirche stärker werden kann als der
miefig-reaktionäre Kirchengeist des Vatikans.
Dr. Klaus Heidegger,
Religionslehrer
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