Sonntag, 25. August 2013

FPÖ-Nationalratswahl-Nächstenliebe?

Dr. Klaus Heidegger, Bachgasse 10, A-6067 Absam, klaus.heidegger@aon.at, 22.8.2013 Wahlkampf auf Kosten der „Nächsten“ Und wieder führt die Partei mit der himmelblauen Farbe einen gewohnt ausländerfeindlichen Wahlkampf und bedient sich dabei der eigentlich so leicht durchschaubaren populistischen Strategie. Da wird auf den Plakaten das religiöse Grundgebot „LIEBE deine NÄCHSTEN“ mit dem belehrenden Zusatz versehen „Für mich sind das unsere ÖSTERREICHER“. Unschwer ist in diesem Zweizeiler von den Werbestrategen der „sozialen Heimatpartei“ die Großschreibung von drei emotional aufgeladenen Begriffen zu erkennen: LIEBE – NÄCHSTEN – ÖSTERREICHER. Wer der scheinbar Liebende ist, lässt das Plakat nicht offen. Der freiheitliche Parteichef blickt in einem der Werbeplakate strahlend in das Gesicht einer älteren Frau, die ihm liebevoll über die Wange streichelt, in einem anderen ist sein Gegenüber ein – sicherlich nicht zufällig – blondes Mädchen. Plumper geht es wohl nicht mehr. HC Strache benützt diesmal nicht wie ein Kreuzritter das Kreuz, um gegen Ausländer oder Andersgläubige zu hetzen und die „christlichen Werte des Abendlandes“ zu verteidigen, sondern das biblisch-religiöse Grundgebot. Allerdings verdreht die FPÖ dabei die Kernaussage dieser Stelle aus dem Evangelium in ihr Gegenteil. Dort nämlich ist Jesus von Nazareth sehr eindeutig. Auf die Frage, wer denn mein Nächster sei, stellt er in der bekannten Gleichniserzählung vom „barmherzigen Samariter“ ( Lukas 10,25-37) eindeutig fest: Der Nächste ist vor allem jener, der in Not geraten ist und der Hilfe bedarf. In dieser jesuanischen Lehrerzählung wird zusätzlich gezeigt, dass nicht die „Einheimischen“, nicht die Vertreter der „eigenen Religion“, sondern ein „Fremder“, ein „Andersgläubiger“ begreift, wer der Nächste ist, was Nächstenliebe wirklich bedeutet. Die christliche Sozialethik baut ihre Lehre nicht auf Gruppenegoismus, sondern auf eine grenzenlose solidarische Ethik. In der jesuanischen Logik sind die Nächsten daher die Pakistanis im Servitenkloster in Wien, denen der Abschub droht, genauso wie die entlassenen Dayli-Verkäuferinnen, die nur schwer einen selbst minderbezahlten Job finden. Wenn sich also die FPÖ eines religiösen Vokabulars bedient, täte sie gut daran, dieses auch wirklich zu beherzigen und nicht nach ihrem Gutdünken umzudeuten. Die Kirchen in Österreich, aufbauend auf ihrer praktischen Arbeit mit den „Nächsten“, haben klar gemacht, dass sie mit einer Politik auf Kosten von Flüchtlingen oder Migranten und mit antiislamischen oder antisemitischen Untertönen keine gemeinsame Basis finden. Eine missbräuchliche Verwendung religiöser Symbole und religiöser Sprache für eine inhumane Politik wird abgelehnt. Die untergriffige Reaktion des FP-Parteichefs auf die klare Distanzierung von Kardinal Christoph Schönborn oder von Bischof Michael Bünker lautete, dass diese kein Monopol auf den Satz „liebe deine Nächsten“ hätten. Heinz Christian Strache übersieht als typischer Vertreter einer postmodernen Beliebigkeit, dass sich das Gebot „christlicher Nächstenliebe“ jedoch nicht beliebig auslegen lässt. Es passt einfach nicht zusammen, wenn damit eine ausländerfeindliche Politik legitimiert werden soll. Es ist falsch, wenn Nächstenliebe als „Inländerliebe“ („unsere Österreicher“) uminterpretiert wird, weil sich dieses allen Religionen gemeinsame Grundgebot an der Würde und dem Wert jeder Person orientiert, nicht aber an Herkunft oder ethnischer Zugehörigkeit. Wer sich implizit oder explizit auf das Christentum bezieht, und gerade das tut Heinz Christian Strache, kann Nächstenliebe nicht wieder neu eingrenzen. Die Grenzenlosigkeit jesuanischer Nächstenliebe manifestiert sich bei Jesus schließlich auch in der Feindesliebe. Jesus und die Evangelien greifen damit den Faden auf, der sich schon in den jüdischen Schriften des Alten Bundes findet. Dort wird Nächstenliebe stets im Kontext mit den Schutzrechten für die Armen und Fremden gesehen! Würde die FPÖ die biblischen Grundgebote wirklich ernst nehmen, könnte sie auch plakatieren: „Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten!“ Papst Benedikt schrieb in seiner ersten Enzyklika (Deus caritas, 2005) über die Nächstenliebe folgende Deutung: "Nächstenliebe besteht ja darin, dass ich auch einen Mitmenschen, den ich zunächst gar nicht mag oder nicht einmal kenne, von Gott her liebe." Klaus Heidegger

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