Montag, 27. Oktober 2014

Bundesheer - wofür?



Bundesheer wofür?
Jeden Nationalfeiertag drängen sich die Repräsentanten und Proponenten des Bundesheeres in den Vordergrund, wollen demonstrieren, wie unverzichtbar und wichtig die heimische Armee für die Sicherheit und das Wohlbefinden dieser Republik sei.
(a)  Man verweist erstens geschickt auf den Terror des IS, der vor der eigenen Haustüre nicht ernst machen würde. Das Grauen vor diesen Terrorbanden kann dann zur kollektiven Unterstützung für militärische Aufrüstung im Inneren instrumentalisiert werden.
In einem Artikel in der „Kurier“-Sonntagsausgabe (19.10.2014) schreibt ein Journalist von der „Heimatfront des IS“ und malt ein entsprechendes Bedrohungsszenario aus. In diesem Zusammenhang wird dann auf die Sicherheitsdoktrin verwiesen, die den „Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen“, gemeint sei damit das Sichern von Regierungsgebäuden und der kritischen Infrastruktur, gebiete.
Die kritische Nachfrage lautet jedoch: Fällt diese Aufgabe nicht in den Bereich der Inneren Sicherheit? Ist dafür nicht das Innenministerium mit seiner Polizei und entsprechenden Institutionen zuständig?
Schutz vor Terror im Inneren kann und soll nicht zur Aufgabe des Militärs werden.
(b)  Seitens des Bundesheeres wird zweitens auf den Katastrophenschutz verwiesen.
Und wieder müsste es doch ein kritisches Nachfragen geben. Wäre es nicht so viel sinnvoller, die Katastropheneinrichtungen – Feuerwehr, Rotes Kreuz usw. – mehr zu fördern, besser auszustatten, die tatsächlich bis in die kleinsten Ortschaften aufgestellt sind? Wofür brauchen wir militärisch topausgerüstete Kampfeinheiten, wenn es gilt, den Menschen in Katastrophensituationen beizustehen?
Die militärischen Shows am Nationalfeiertag entpuppen sich letztlich als Propagandaveransaltungen für eine Armee, deren Beitrag zum Gesamtwohl mehr als fraglich geworden ist.
Klaus Heidegger

Samstag, 25. Oktober 2014

Desertion und Neutralität



All alone – ein Deserteursdenkmal in Wien
Die „Enthüllung“ des Denkmals für Deserteure in Wien im Vorfeld des Nationalfeiertages 2014 ist ein Hoffnungszeichen. Die Zeit im Jahreslauf der politischen Gedenktage ist gut gewählt. Der Nationalfeiertag und das Denken an die österreichische Neutralität haben mit Kriegsdienstverweigerung zu tun. Neutralität bedeutet im innersten Kern ein Nein zu kriegerischen Beteiligungen. Das haben die Deserteure aller Kriege mit ihrem Einsatz bekundet. Wenn der oberste Befehlshaber des Bundesheeres feierlich die Eröffnung dieses Denkmals vornimmt, so ist dies Signal, dass selbst die Spitze dieser Republik demonstriert, dass über jedem militärischem Befehl das eigene Gewissen zählt, oder, um es dialektisch zu formulieren, dass Widerstand zur Pflicht wird, wo Recht zu Unrecht wird.
70 Jahre hat es gedauert, bis so ein Denkmal errichtet werden konnte. Während des Zweiten Weltkrieges hatten Zehntausende den Kriegsdienst verweigert, gegen 30.000 wurden von den NS-Militärgerichten Todesurteile verhängt, die meisten davon wegen Desertion und „Wehrkraftzersetzung“, 3000 wurden hingerichtet, viele von ihnen ohne Prozess standrechtlich erschossen. Hunderte weitere Dienstverweigerer und Deserteure wurden zum Tode oder Lagerhaft verurteilt. Ich denke an die Biographien mancher dieser Männer, vor allem aber an Franz Jägerstätter. Jene, die überlebten, wurden gegenüber jenen, die im Krieg dienten, benachteiligt. Deserteure galten als Vaterlandsverräter, als Feiglinge, hatten keinen Rentenanspruch für die Kriegsjahre – wie dies selbst NSDAP-Mitglieder beanspruchen konnten.
Seit dem Krieg wurden die Tausenden „Heldendenkmäler“ in den österreichischen Ortschaften gepflegt und gehegt und mit ihnen die Ideologie eines heldenhaftes Todes. Bis zum heutigen Tag wird bei Denkmälern der „gefallenen“ Kameraden gedacht, die in ihrem Dienst in der Wehrmacht zugleich Opfer und Täter waren. Es sei eine „Desavouierung der gefallenen Kameraden“, kritisiert der Kameradschaftsbund die Enthüllung des Deserteursdenkmals. Desertion sei in „allen Rechtsstaaten ein Strafdelikt“, wird hinzugefügt. Und wes Geistes Kind der Führer der Freiheitlichen in Österreich ist, wurde wieder einmal sichtbar, wenn das Deserteursdenkmal als „katastrophaler Fehler“ bezeichnet wird. „Kameradenmörder“ seien viele der Deserteure gewesen. Das ist wie ein Code für die Ewiggestrigen, verschlüsselte Sprache, um das Verbotsgesetz zu umgehen.
Der Blick zurück muss auch ein Blick in das Heute sein. Kriegsdienstverweigerung wird 2014 in der Republik Österreich nicht mehr mit standrechtlichen Verurteilungen bestraft. Sie geschieht rechtlich institutionalisiert und diszipliniert im Zivildienst. Dort wird sie als wertvoller Sozialdienst gesehen, nicht jedoch als Verweigerung eines militärischen Dienstes. So wird ihr der militärkritische Stachel genommen. Aus dem Kriegsdienstverweigerer wurde der salonfähige Zivildiener. Ein wenig wirkt der militärische Drang, Kriegsdienstverweigerung zu ahnden, trotz schöner Reden weiter fort. Zivildiener haben eine 50-prozentige längere Dienstdauer als jene, die sich zum Dienst mit der Waffe verpflichten.

Klaus Heidegger, 25. Oktober 2014, klaus.heidegger@aon.at